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Warum hat sich die Landesinitiative Gesundheitsförderung und Prävention für den Schwerpunkt "Seelische Gesundheit" entschieden?

Die Landesinitiative Gesundheitsförderung und Prävention in Nordrhein-Westfalen möchte mit ihrer Schwerpunktsetzung "Seelische Gesundheit" einen bedarfsbezogenen Akzent zur Förderung des Wohlbefindens der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen setzen.

Die folgende beispielhafte Auflistung unterstreicht die gesundheitspolitische Bedeutung seelischer Gesundheit und psychischer Erkrankungen über alle Lebensphasen hinweg:

  • Etwa ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen zwischen 3 und 17 Jahren in Deutschland haben ein erhöhtes Risiko, psychische Auffälligkeiten zu entwickeln: Jungen signifikant häufiger als Mädchen, Kinder und Jugendliche aus einem Elternhaus mit niedrigem sozialem Status häufiger als aus einem mit höherem sozialen Status.[1]
  • Knapp 30 % der Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren litten bundesweit in den jeweils letzten 12 Monaten unter einer psychischen Störung (ohne Nikotinabhängigkeit); Depression, Angststörung, somatoforme Störungen und Suchterkrankungen (vor allem Alkoholsucht) sind die am häufigsten auftretenden Formen.[2] Lässt man vorübergehende Beschwerden wie Atemwegsinfekte und unspezifische Bauchschmerzen unberücksichtigt, lag die Depressive Episode an sechster Stelle aller ambulanten Behandlungsdiagnosen in Nordrhein-Westfalen. Betroffen waren über 1,2 Millionen Frauen und rund 627.000 Männer.[3]
  • In der Arbeitswelt führten psychische Störungen 2017 zu über 18 % der Arbeitsunfähigkeitstage. Zwischen 2008 und 2017 ist der Anteil von Frühberentungen wegen psychischer Erkrankungen an allen Frühberentungen von 38 % auf 45 % angestiegen; bei den Frauen ist mittlerweile die Hälfte (50 %) aller Fälle auf diese Krankheitsgruppe zurückzuführen.[3]
  • Für die älteren Menschen geht die LGK-Entschließung 2018 davon aus, dass gut zehn Prozent der älteren Menschen an einer Demenz erkrankt sind sowie 20 Prozent an einer weiteren psychischen Erkrankung leiden. Auffällig ist auch die hohe Suizidrate im Rentenalter, vor allem bei Männern. 2017 waren 36 % aller Männer und 37 % aller Frauen, die in NRW durch Suizid starben, 65 Jahre und älter, während der Bevölkerungsanteil dieser Gruppe nur bei 18 % und 23 % lag.[3]
  • Weiterer Handlungsbedarf besteht auch bei den zugewanderten Menschen. Traumatische Erfahrungen vor, während und nach der Flucht sind Risikofaktoren, die die Entstehung psychischer Erkrankungen begünstigen. Die Rate der posttraumatischen Belastungsstörungen ist daher bei Flüchtlingen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung um das Zehnfache erhöht.[4]
  • Schließlich bietet das Thema "Seelische Gesundheit" über die Lebensphasen hinweg auch wichtige Querbezüge zu körperlichen Gesundheitsrisiken. So wurden Zusammenhänge zwischen Depressionen und Herzkreislauferkrankungen, Diabetes sowie Adipositas festgestellt. Ausgewogene Ernährung und Bewegung spielen entsprechend auch für die seelische Gesundheit eine große Rolle. Umgekehrt kann eine stabile seelische Gesundheit gesundes Ernährungs-, Bewegungs- und Schlafverhalten fördern.[2]

Gesundheitspolitische Antworten hierauf sind bislang in erster Linie versorgend und nur vereinzelt präventiv ausgerichtet. Die Landesinitiative Gesundheitsförderung und Prävention setzt daher mit einer übergreifenden präventiven Schwerpunktsetzung auf die seelische Gesundheit neue Akzente.

[1] Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.): Psychische Auffälligkeiten. Faktenblatt zu KIGGS Welle 1: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland- Erste Folgebefragung 2009-2012. 2014.
 
[2]
RKI (Hrsg): Gesundheit in Deutschland. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Gemeinsam getragen von RKI und Destatis. Berlin: RKI 2015.
 
[3] Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (MGEPA NRW) (Hrsg.): Landesgesundheitsbericht 2015 - Informationen zur Entwicklung von Gesundheit und Krankheit in Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf: 2016.
 
[4] Petra Bühring: Traumatisierte Flüchtlinge und Asylbewerber: Hilfe für Opfer von Kriegsgewalt. Deutsches Ärzteblatt: 112 (2015), Nr. 14.